Praxistest mit Egbert Urbach
MODERNER KLASSIKER
Jagdbekleidung aus Loden – ist das im Zeitalter von stylishen Funktionsklamotten nicht überholt? Egbert Urbach testete regional produzierte Schneiderware aus dem altbewährten Stoff im Reviereinsatz.
Bei der Produktion in der Farchanter Manufaktur „Naturjäger“ wird großer Wert auf Nachhaltigkeit, traditionelles Handwerk und Regionalität gelegt. So ist der verwendete Loden aus der Wolle Werdenfelser Bergschafe hergestellt. Dass dies keinesfalls langweilig sein muss, zeigen die modischen Farben und Schnitte der Kollektion. Zum Anmessen eines kompletten Jagdgewandes Jahre ich Ende März nach Farchant, wo die Jagdbekleidung anschließend auch gefertigt wird. „Für eine reine Maßanfertigung benötigen wir rund vier bis sechs Wochen“, steckt Unternehmensgründer Thomas Habermann den zeitlichen Rahmen ab. Bei mir geht es allerdings schneller, weil Hemd, Weste und Jacke von der Stange genau passen. Nur die Hose, Corona sei es geklagt, muss etwas weiter gemacht werden. Sie kommt nach einigen Tagen per Post – natürlich im Karton ohne Plastikfolie. In den kommenden Wochen trage ich die Sachen regelmäßig im Revier, um sie auf Herz und Nieren zu prüfen.
Hemd
Das anthrazitfarbene Hemd aus Leichtloden mit Hirschhornknöpfen hat zwei Pattentaschen, die für meine Begriffe etwas zu klein sind — einer der Änderungsvorschläge, die in die Produktion einfließen. Weil ich eine ziemlich empfindliche Haut habe, rechne ich damit, dass der Stoff kratzt. Das ist jedoch nicht der Fall: Ich fühle mich pudelwohl darin.
Weste
Die Stehkragenweste ist aus schwerem Loden gefertigt, hat eine Fütterung aus dünnem Entendaunen-Vlies, Zwei-Wege-Taschen mit Reißverschluss, eine Brusttasche und zwei Innentaschen, ebenfalls mit Reißverschluss. Durch die seitlichen Dehnrippen, den verlängerten Rücken und den Zwei-Wege-Reißverschluss trägt sich die Weste auch im Sitzen bequem.
Jacke
Die Jacke verfügt auch über geräumige Zwei-Wege-Taschen mit Reißverschluss, eine Brusttasche mit Reißverschluss für Kleinkram, eine kleine Reißverschlusstasche auf dem linken Ärmel, in der man ein paar Patronen unterbringen kann, zwei große verschließbare Innen und eine Handytasche. Auch bei diesem Kleidungsstück aus schwerem Loden mit Stehkragen wurde unter der Windfangleiste ein kräftiger Zwei-Wege-Reißverschluss eingearbeitet. Der verlängerte Rücken aus braunem Loden schützt die Nierenpartie vor Kälte. Die Kapuze empfinde ich bei Schmuddelwetter als sehr angenehm. Die Jacke wird aber auch ohne geliefert. Weste und Jacke sind mit kariertem Stoff gefüttert und haben Schulterpartien aus beschichtetem kastanienbraunen Loden. Die Außentaschen sind in hellem Grün abgesetzt, was dem Ganzen einen modischen Pfiff gibt.
Hose
Die Hose, gefertigt aus schwerem, anthrazitfarbenem Lodenstoff, mit beschichteter brauner Knie-, Waden- und Gesäßpartie hat einen hochgezogenen Bund am Rücken und seitliche Dehnrippen. In den zwei großen Cargo-, den zwei hinteren Patten- und den beiden vorderen Schubtaschen lässt sich eine Menge von dem unterbringen, was man draußen so braucht. Ein Bauern-Karo-Futter sorgt für angenehmen Tragekomfort. Der Hosenschlitz ist mit Steinnussknöpfen versehen, wobei die Knopflöcher allerdings so eng abgenäht sind, dass das Schließen zum Gefummel wird. Hier soll zukünftig vermutlich ein Reißverschluss Abhilfe schaffen.
Praxistest
Ich habe alle Kleidungsstücke im täglichen Gebrauch sowie im Revier getestet und bin damit sehr zufrieden. Die Sachen sind bequem, trotzdem aber modisch und robust. Als Hundeführer weiß ich es zu schätzen, dass gerade die Hose Wasser und Schmutz abweist und man den Dreck einfach ausbürsten kann. Selbst ein paar Schweißflecken nach dem Aufbrechen ließen sich problemlos entfernen. Bei der nasskalten Witterung in diesem Frühjahr waren Jacke, Hose und Hemd die ideale Bekleidung. Um die Weste unterzuziehen, war es jedoch zu warm. Sie ist eher für winterliche Temperaturen gedacht. Allein getragen war sie aber an kühleren Tagen ideal. Auf dem Ansitz punktete die Bekleidung durch bequemen Sitz und angenehme Wärme, was den Dehnzonen, Zwei-Wege-Reißverschlüssen und den verlängerten Rückenpartien zu verdanken ist.
Fazit
Die bekannten guten Eigenschaften von Loden, hochwertige Verarbeitung, pfiffige Details sowie der modische Gesamteindruck werden durch Praxistauglichkeit abgerundet. Das hat mich ebenso überzeugt wie das Konzept der Nachhaltigkeit, für das der Hersteller steht. Die Jagdkleidung von „Naturjäger“ ist gewiss nicht günstig, aber wenn man alle Aspekte einbezieht, ihren Preis wert.